Von Syrien nach Espelkamp
Minden-Lübbecke -
Soziale Fragen direkt vor der Haustür beschäftigen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ludwig-Steil-Hofs in Espelkamp ebenso wie die Auswirkungen globaler Krisengebiete, zum Beispiel der Bürgerkrieg in Syrien. Entsprechend intensiv waren die Gespräche von Landrat Dr. Ralf Niermann, der sich im Ludwig-Steil-Hof mit Vorstand Pfarrer Stefan Bäumer und den Leitungen aller Bereiche über deren Arbeit und aktuelle Themen austauschte. Dabei ging es um zahlreiche Aspekte der Jugendhilfe und der psychosozialen Rehabilitation, der Berufsbildung ebenso wie um Altenhilfe und die Arbeit der Schulen des Ludwig-Steil-Hofs. In allen Bereichen verändert sich die Arbeit wie die Gesellschaft und muss den Gegebenheiten entsprechend immer wieder neu angepasst werden.
So ist aus dem Internat für Schülerinnen und Schüler mit osteuropäischen Migrationshintergrund in den vergangenen zehn Jahren ein Privatschulinternat der Bischof-Hermann-Kunst-Schule geworden - und mittlerweile eine feste Größe am Markt. „Die Übergangsphase verlief reibungslos“, sagte Internatsleiter Michael Tabakovic. Dort wie an der Schule sind auch die globalen Entwicklungen deutlich zu spüren: „Von 420 Schülerinnen und Schülern haben wir 245, die mit Null Deutschkenntnissen zu uns kommen“, sagte Klaus Weihe, Leiter der Bischof-Hermann-Kunst-Schule. „Die größte Zahl der Neuzugänge kommt aus Syrien mit 35, aus Afghanistan kommen 25. Auf der anderen Seite nimmt auch das Interesse wohlhabender Familien aus dem ostasiatischen Raum zu, die ihre Kinder in Deutschland zur Schule schicken wollen. Darüber hinaus haben wir 64 Förderschüler – unterschiedlicher könnten die Lebenswelten nicht sein, aus denen diese Kinder kommen.“ Durch die sogenannten Auffangklassen, in denen die Schülerinnen und Schüler sprachlich begleitet werden, haben Schule und Internat ein Alleinstellungsmerkmal in der ganzen Region. 60 Nationen insgesamt tummeln sich auf dem Gelände. Aber was ist eigentlich, wenn die Schule voll ist? Fragt sich auch der designierte Nachfolger des Schulleiters, Dieter Gerecke.
In der psychosoziale Rehabilitation ist eins von vielen aktuellen Themen die Frage, wie der Übergang von einem stationären Aufenthalt zur ambulanten Behandlung weniger abrupt gestaltet werden kann. Für die berufliche Bildung von Arbeitslosen betonte Egon Schewe eine Besonderheit des Ludwig-Steil-Hofs: „Wir haben den Vorteil, dass die Menschen hier nicht nur einen Beruf erlernen, sondern dass wir sie in unsere laufende Arbeit integrieren können. Dass sie hier also tatsächlich arbeiten können - das ist das, was die Menschen vermissen. Das trägt auch sehr zur Lebensqualität bei.“ Er bedauert, dass die zuständige Agentur für Arbeit in Herford in Zukunft ihre Plätze im Westkreis nicht wird aufrecht erhalten können.
Peggy Meerkötter-Puller warb für ein besseres Image des Altenpflege-Berufes: „Die Pflegefachkräfte werden weniger bei steigendem Bedarf. Trotzdem wird die gute Leistung der Menschen, die hier arbeiten, oft nicht anerkannt.“ Pfarrer Bäumer ergänzt: „Wir haben in der Region eine große Nachfrage nach stationären Pflegeplätzen – neuere Konzepte wie die Quartiersversorgung sind zurzeit kein angesagtes Modell.“ Dr. Niermann nahm viele Anregungen aus dem Treffen im Ludwig-Steil-Hof mit, aber auch viel Dank für die gute Zusammenarbeit auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kreisverwaltung in den jeweiligen Bereichen. „Den gebe ich natürlich gerne an die Kolleginnen und Kollegen im Kreishaus weiter,“ so Dr. Niermann.

(v.l): Stefan Bäumer (Vorstand); Peggy Meerkötter-Puller (Einrichtungsleiterin Altenhilfe), Landrat Dr. Ralf Niermann, Klaus Radermacher (Schulleiter Schule am Buschkamp), Gerhard Ziegler-Heidbreder (Bereichsleiter Psychosoziale Rehabilitation), Egon Schewe (Bereichsleiter Berufliche Bildung), Dieter Gerecke (Nachfolger von Klaus-Friedrich Weihe), Gerhard Bartelheimer (Bereichsleiter Jugendhilfe), Michael Tabakovic (Leiter Internat), Klaus-Friedrich Weihe (Schulleiter Bischof-Hermann-Kunst-Schule). Foto und Text: Sabine Ohnesorge / Kreis Minden-Lübbecke.


