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Internationale Verstärkung für die Pflege

Minden-Lübbecke -

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Zehn türkische Auszubildende haben sich für eine Ausbildung und ein Leben in Deutschland entschieden. Foto: Irma Mujanovic/MKK

 „Deutschland ist zu mir gekommen“ sagt Selahattin Coskun und lächelt. Der 28-Jährige hat sich schon immer für Pflege und Medizin interessiert. In seiner Heimat, der Türkei, hatte er aber nicht viele Möglichkeiten – eine Ausbildung in der Pflege gibt es dort beispielsweise nicht. Ein Studium konnte er sich finanziell nicht leisten. Als dann im vergangenen Jahr Mitarbeitende der Akademie für Gesundheitsberufe der Mühlenkreiskliniken und des Herz- und Diabeteszentrums (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, in der Türkei auf der Suche nach Pflege-Auszubildenden waren, war das Selahattin Coskuns Chance, „die ich sofort ergriffen habe, und nun bin ich glücklich, hier zu sein“. Der junge Mann ist einer von insgesamt zehn Auszubildenden, die im April dieses Jahres eine Ausbildung zur Pflegefachfrau und zum Pflegefachmann an der Akademie für Gesundheitsberufe begonnen haben.

„Wir freuen uns sehr über die interkulturelle Bereicherung durch die Auszubildenden aus der Türkei. Die Internationalisierung ist für uns einer von vielen Bausteinen, um dem Fachkräftemangel in der Pflege langfristig entgegenzuwirken. Wir müssen mehrgleisig denken“, sagt Oliver Neuhaus, Direktor der Akademie für Gesundheitsberufe der Mühlenkreiskliniken. Schon jetzt habe jede vierte Pflegefachperson einen Migrationshintergrund. Die Pflege in Deutschland stehe vor großen Herausforderungen. „Unsere Gesellschaft wird älter, der Pflegebedarf steigt kontinuierlich – doch es fehlen zunehmend qualifizierte Pflegefachpersonen“.

Gemeinsam mit dem Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW) in Bad Oeynhausen hat sich die Akademie für Gesundheitsberufe deshalb im vergangenen Jahr auf die Suche nach geeigneten Pflege-Auszubildenden in der Türkei gemacht. Warum in der Türkei? „Wir haben uns gedacht, dass die Integration wahrscheinlich einfacher für diese jungen Menschen ist, denn hier im Kreis Minden-Lübbecke gibt es große türkische Gemeinschaften – außerdem haben einige bereits Verwandte in Deutschland“, berichtet der Akademiedirektor.

In Zusammenarbeit mit einer Agentur und gemeinsam mit dem HDZ NRW wurden die passenden Bewerberinnen und Bewerber ausgewählt. „Um alle Bewerberinnen und Bewerber persönlich kennenzulernen, fanden die Bewerbungsgespräche in der Türkei statt. Das war uns sehr wichtig“, erzählt Kerstin Kröger, Stabsstelle Ausbildung und Praxisanleitung im HDZ NRW. 
Für Bewerbungen um eine Ausbildung in der Pflege gelten dabei – unabhängig vom Herkunftsland – die gleichen Kriterien „Einige der jungen Menschen haben schon Erfahrungen durch Praktika in Krankenhäusern sammeln können, das ist natürlich von Vorteil“, so Sonja Stulgies, Pflegedienstleitung im HDZ NRW.

Die Auszubildenden seien alle hochmotiviert und engagiert. Einige haben mehr als 500 Kilometer Anreise auf sich genommen, um das Bewerbungsgespräch wahrzunehmen. „Für viele ist das die Chance auf ein besseres Leben“, betont der Auszubildende Selahattin Coskun.
„Wir geben den jungen Menschen eine Perspektive. Deshalb haben wir uns auch entschieden Auszubildende zu suchen. Wir investieren in die Ausbildung von jungen Frauen und Männern. Und hoffen natürlich, dass sie bei uns bleiben“, sagt Claus Werner, Pädagoge an der Pflegefachschule der Akademie für Gesundheitsberufe.

„In aller Regel gelingt es uns, unsere Auszubildenden von der Vielfalt ihrer beruflichen Möglichkeiten bei uns zu begeistern, die sich nach ihrem Abschluss ergeben können“, bestätigt Kerstin Kröger.

Die größte Herausforderung für die Auszubildenden? „Die deutsche Sprache“, da sind sich alle einig. Die angehenden Pflegefachpersonen werden bestmöglich in der Akademie und während der Praxiseinsätze unterstützt – sind in den Ausbildungskursen integriert und nehmen an regelmäßigen Sprachkursen teil. „Alle sind sehr nett zu uns, wir werden überall herzlich empfangen. Es herrscht wirklich eine tolle Willkommenskultur“, erzählt Selahattin Coskun. Für den angehenden Pflegefachmann ist es mit der deutschen Sprache etwas einfacher als für die anderen. Er hat bereits vor einigen Jahren Deutsch gelernt. 

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Gemeinsam mit dem Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW) in Bad Oeynhausen hat sich die Akademie für Gesundheitsberufe im vergangenen Jahr auf die Suche nach geeigneten Pflege-Auszubildenden in der Türkei gemacht. Seit dem Frühjahr 2025 sind die jungen Frauen und Männer in Deutschland und haben ihre Ausbildung in der Pflege begonnen. Foto: Irma Mujanovic/MKK

Für die neuen Auszubildenden aus der Türkei bedeutete der Start in Deutschland zunächst eine große Umstellung. Denn das Verständnis von Pflege unterscheidet sich teilweise erheblich. In türkischen Krankenhäusern übernehmen Pflegefachpersonen in der Regel keine grundpflegerischen Tätigkeiten wie die Körperpflege. Diese Aufgaben werden meist von Angehörigen übernommen. „Jeder Patient hat eigentlich eine Begleitperson dabei“, erläutert Pädagoge Claus Werner.
Das pflegerische Personal konzentriert sich dort vorwiegend auf medizinische Aufgaben sowie Medikamentengaben und Wundversorgung. „Für viele war es anfangs ungewohnt, persönliche Pflegeaufgaben selbst zu übernehmen – in Deutschland gehört das jedoch zum professionellen Pflegeverständnis. Unsere Auszubildenden haben sich dieser Herausforderung mit viel Offenheit und Lernbereitschaft gestellt“, berichten die Kursleiterinnen Tahnee Wehrmann und Sarah Vogt. 

Internationale Fachkräfte zu rekrutieren ist eine Chance – aber auch Herausforderung. Während die Mühlenkreiskliniken diesen Weg seit 2023 gehen, hat das Herz- und Diabeteszentrum bereits vor der Pandemie Pflegefachpersonen aus Spanien und den Philippinen eingestellt. Bei den Mühlenkreiskliniken haben vor fast zwei Jahren mexikanische Pflegefachpersonen angefangen zu arbeiten. Ausgebildete, internationale Pflegefachpersonen wie die mexikanischen Mitarbeitenden müssen zwar keine dreijährige Ausbildung in Deutschland durchlaufen, jedoch eine Kenntnisprüfung, die einem Examen gleicht.
Trotz aller Erfolge ist der Weg nach Deutschland für internationale Auszubildende und Fachkräfte oft lang und mühsam. „Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse, Visaverfahren und aufenthaltsrechtliche Bestimmungen stellen viele Hürden dar“, sagen Oliver Neuhaus und Kerstin Kröger. Weniger Bürokratie würde vieles vereinfachen, so die beiden.

Immer wieder wurde der Start der türkischen Auszubildenden aufgrund der behördlichen Hürden verschoben – aber seit dem Frühjahr sind sie nun endlich da und haben ihre Ausbildung begonnen. Sie stehen noch am Anfang ihres neuen Kapitels, dem Leben und Arbeiten in Deutschland. Vieles ist für sie noch neu und ungewohnt – „aber wir wollen lernen und uns weiterentwickeln“, sagt eine Auszubildende. 

Quelle: Mühlenkreiskliniken AöR


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